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Die Zukunft der Arbeit ist die Zusammenarbeit
Mit der zunehmenden Verbreitung von Hybrid- und Remote-Arbeitsplätzen war es noch nie so wichtig zu fragen: Arbeiten wir effektiv zusammen?
Frage: Herr Schaar, Prophet hat in einer weltweiten Umfrage („Catalysts 2022: The Collaborative Advantage“) in Südostasien, China, Europa und den USA untersucht, wie effektiv Arbeitnehmer und Führungskräfte in ihren Unternehmen zusammenarbeiten und welches die größten Probleme beim Aufbau einer wertschaffenden, agilen Organisation sind. Was sind in Ihren Augen die zentralen Ergebnisse der Umfrage?
Bernhard Schaar: Aus unseren Untersuchungen geht klar hervor, dass Führungskräfte diese Arbeitsweise schätzen und glauben, dass sie zu besseren Ergebnissen beiträgt – über finanzielle Gewinne hinaus. Andererseits kann eine ineffektive unternehmensübergreifende Zusammenarbeit das Potenzial eines Unternehmens bremsen und Ineffizienzen schaffen. Sie kann das Kundenerlebnis beeinträchtigen, das Innovationspotenzial verringern, die Lieferketten stören und das Engagement sowie die Produktivität der Mitarbeiter verringern – Probleme, die schnell angegangen werden müssen. Tatsächlich zeigen unsere Untersuchungen, dass daher über 80 Prozent der Führungskräfte die organisationsübergreifende Zusammenarbeit optimieren wollen und glauben, dass sie zu besseren ökonomischen Ergebnissen führt. Die Herausforderung besteht also weniger darin, die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zu erkennen, sondern vielmehr, sie effektiv umzusetzen. Die Bedeutung organisationsübergreifender Zusammenarbeit war noch nie so groß wie heute, aber sie ist auch immer schwieriger in der Ausführung geworden.
Frage: Warum ist die Umsetzung schwieriger geworden?
Bernhard Schaar: Dies liegt vor allem an den Entwicklungen der letzten Jahre, die von der Pandemie geprägt waren. Anfang 2020 und davor hatten wir zu großen Teilen eine sehr arbeitsplatzgebundene Arbeitsweise. Homeoffice war eher die Ausnahme denn die Norm, und die meiste Zusammenarbeit fand zwischen Teams statt, die miteinander physisch an einem Ort arbeiteten oder sich zumindest in regelmäßigem Abstand persönlich trafen. Die Pandemie hat dies in großen Teilen auf den Kopf gestellt und zugleich die Unternehmen vor größere Herausforderungen gestellt. Es wurde schnell klar, dass der Versuch, alte Wege digital zu replizieren, nur über Zoom oder andere digitale Tools zu arbeiten etc. eben nur das ist: ein Versuch, das Beste aus der Situation zu machen. Mit effektiver Zusammenarbeit hat das aber wenig zu tun. Die reine Digitalisierung von Arbeitsprozessen und Arbeitsweisen hilft nur teilweise – in einem nun digital durchgetakteten Arbeitstag mit Teams Calls von 8:30 bis 18:30 Uhr bleibt wenig Platz für den informellen Austausch mit Kollegen, vertrauensbildende Kaffeepausen oder dem gemeinsamen Mittagessen in der Kantine – softere Elemente, die für eine Zusammenarbeit zwischen Menschen aus unterschiedlichen Abteilungen, Funktionen und mit unterschiedlichen Profilen aber benötigt werden. Denn die Zusammenarbeit menschelt und nur dort, wo sich die Personen als solche kennen- und schätzen lernen können, wird effektive Zusammenarbeit auch funktionieren.
Frage: Die Umfrage zeigt in der Tat, dass nur 28 Prozent der Befragten meinen, dass hybride Arbeitsplätze die effektive Zusammenarbeit unterstützen: das ist ähnlich wie bei Remote (33 Prozent) und deutlich weniger als bei Face-to-Face-Umgebungen (50 Prozent). Es tut sich ein Konflikt auf: Während viele Mitarbeiter das Homeoffice favorisieren, wollen die Chefs ihre Kollegen im Büro sehen. Wie kann den Wünschen der Arbeitnehmer entsprochen werden? Wie kann verhindert werden, dass Talente frustriert das Unternehmen verlassen?
Bernhard Schaar: Es geht nicht nur um remote oder face-to-face. Noch bevor die COVID-19-Pandemie begann, hatte es schon einen Wandel in den Prioritäten der Arbeitnehmer gegeben. Wer erinnert sich nicht an die jahrelangen Beschwerden gestandener Führungskräfte über die gar so anderen Millennials, die neue Schwerpunkte im Leben setzen. Nur war dies kein reines Generationenthema, sondern eine Wandlung der meisten Arbeitnehmer: Sehr viele Menschen haben die Erwartungen an ihre Arbeit geändert und die Rolle der Arbeit in ihrem Leben neu bewertet.
Frage: Was sind die Treiber dieser Neuausrichtung?
Bernhard Schaar: Es sind genau die Punkte, die durch unzählige Umfragen und wissenschaftliche Studien erklären, warum Arbeitnehmer ein Unternehmen verlassen: Das Fehlen einer starken Vision und einem übergeordneten Zweck („Purpose“) in der Organisation, mangelndes Vertrauen in die Führung und mangelnde Bereitschaft, mehr als ein Lippenbekenntnis zu Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion (DEI) zu geben. All das sind genau die Dinge, die eine effektive, organisationsübergreifende Zusammenarbeit im Keim ersticken. Sie sind entsprechend auch die Schlüssel für die Zukunft: Gerade für Themen wie New Work, New Ways of Working, The New Work Normal und wie es auch genannt wird, ist Mitarbeiterpartizipation wichtig. Bei Prophet zum Beispiel geben wir uns ein volles Jahr zum Experimentieren, um gemeinsam in einer unternehmensübergreifenden Arbeitsgruppe Lösungsansätze zu entwickeln und zu testen, bevor wir dann für 2023 eine neue Arbeitsrichtlinie etablieren. Von einer 50-50 Regelung zwischen Homeoffice und Büro, zu einem festen „Office Wednesday“, zu einer stärkeren Nutzung von social Events bis hin zur Umgestaltung der Büroräume in soziale Hubs, die die Zusammenarbeit fördern – alles wird angeschaut und ausprobiert.
Frage: Die Studie zeigt auch, dass Mitarbeiter aus den Bereichen IT/Technik (55 Prozent) oder Personal (50) angeben, effektiver zusammenarbeiten und so bessere Ergebnisse erzielen als etwa die Kollegen aus den Ressorts Finanzen (41 Prozent) oder Marketing (38 Prozent). Wie sind diese Beobachtungen zu erklären und was können wir daraus lernen?
Bernhard Schaar: Es gibt in der Tat einen signifikanten Unterschied in den Ergebnissen von Führungskräften und Managern in IT/Digital und HR im Verhältnis zu anderen Funktionen.
Generell berichten die Befragten aus IT/Digital und HR, dass ihre Organisationen häufiger und effektiver zusammenarbeiten und dass dies zu deutlich besseren Ergebnissen führt. Aus unserer Sicht gibt es hierfür zwei unterschiedliche Begründungen:
- Im IT/Digital-Bereich ist dies wahrscheinlich ein Ergebnis der konzertierten Bemühungen in den vergangenen Jahren, agile Arbeitsweisen zu übernehmen. Durch die Einführung neuer Mechanismen und Methoden zur Unterstützung kollaborativer und iterativer Arbeitsweisen ist proaktive organisationsübergreifende Zusammenarbeit mehr eingebettet in die Kultur dieser Abteilungen.
- Erfolge in der effektiven Zusammenarbeit der Personalabteilungen basieren eher auf ihrer Rolle im Unternehmen als auf spezifischen Ansätzen oder Methoden. Angesichts der stark vernetzten Natur von HR im Unternehmen bemühen sich viele Organisationen, HR Teams und Individuen zielgerichtet und strategisch in anderen Abteilungen einzubinden.
Frage: Bei Prophet betrachten Sie Unternehmensorganisationen wie menschliche Individuen. Jedes Unternehmen hat – so Ihr Ansatz – eine kollektive DNA, Körper, Geist und Seele. Welche Bedeutung hat diese Sicht für die Organisation von Unternehmen?
Bernhard Schaar: Vor einigen Jahren haben wir das Human-Centred Transformation Model™ entwickelt, das diese Grundüberzeugung widerspiegelt. Genau wie Menschen besitzen alle Unternehmen eine DNA: eine Kodierung, die sie lenkt und leitet. Dies können ihr übergeordneter Zweck („Purpose“), ihre Werte, ihre Marke oder ihre Strategie sein. Zudem haben Unternehmen eine Seele. Dabei handelt es sich um die Rituale, Symbole und Verhaltensweisen, in denen sich ihre Überzeugungen widerspiegeln. Auch der Verstand ist vorhanden. Damit sind jene Fähigkeiten gemeint, die erforderlich sind, damit ein Unternehmen überhaupt operieren kann – etwa Talent, kontinuierliches Lernen und Weiterbildung. Prophets auf den Menschen zentrierter Ansatz baut auf ein Grundverständnis von Kooperation auf: Es sind Menschen, die mit anderen Menschen zusammenarbeiten. Damit dies funktioniert, bedarf es mehr als nur der Prozesse und Mechanismen (Body), mehr als nur der Fähigkeiten des einzelnen (Mind). Es braucht vor allem auch eine Vision, einen übergeordneten Zweck, der die Zusammenarbeit sinnvoll erscheinen lässt (DNA), die richtigen Motivatoren, Anreize und das richtige Mindset (Soul). Das Model ermöglicht es Unternehmen, auf eine strukturierte Art und Weise das Thema anzugehen und Fortschritte auf allen Ebenen zu erzielen.
Frage: Welche Rolle spielen die Führungskräfte in diesem Organisationsmodell?
Bernhard Schaar: Die Führungskräfte in unserer Studie waren optimistischer als das mittlere Management. Sie sahen einen größeren Wert in der Zusammenarbeit und glaubten, dass die Organisation effektiver in der Zusammenarbeit ist. Es ist deshalb klar, dass Führungskräfte die Verantwortung dafür übernehmen müssen, unternehmensübergreifende Zusammenarbeit zu fördern und zu fordern und sich auch als Vorbild dabei etablieren müssen. Sie müssen ihren Teams helfen das „Warum“ hinter der Zusammenarbeit zu verstehen. Nur auf diese Weise werden sie das Vertrauen aufbauen, dass die Zusammenarbeit zu positiven Ergebnissen führt. In unserer Studie haben wir vier Merkmale identifiziert die Führungskräften hierbei helfen:
- Abteilungs- und rollenübergreifende Zusammenarbeit fördern und als gutes Beispiel vorangehen
- Organisationsübergreifenden Fortschritt anerkennen und belohnen – und nicht nur die Ergebnisse davon
- Klarheit schaffen, insbesondere darüber, wie und von wem Entscheidungen getroffen werden
- Strategien zur Talententwicklung sicherstellen, um Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben organisationsübergreifend Erfahrung zu sammeln
Fasst man dies alles zusammen, ergibt sich ein neues Bild der organisationsübergreifenden Zusammenarbeit. Die Mitarbeiter glauben, dass sie durch die Zusammenarbeit lernen und sich weiterentwickeln, ihre Netzwerke ausbauen und sich bei der Arbeit zufriedener fühlen können. Es gibt zwar kein Patentrezept, aber das Human-Centred Transformation Model™ von Prophet ist ein ganzheitlicher Ansatz, der Unternehmen dabei hilft, effektive Zusammenarbeit zu definieren, zu motivieren, zu ermöglichen und zu steuern.
Abschließende Überlegungen
Sie möchten mehr darüber erfahren, wie Sie die transformative Macht der Zusammenarbeit freisetzen können? Kontaktieren Sie uns.